Jaqueline und Rudy, Monique und Claude haben zusammen insgesamt 5 Söhne, die allesamt am nationalen Pfadfindercamp, das wohl irgendwo in der Nähe stattfindet, teilnehmen. Dieses nationale Camp findet nur alle 15 Jahre statt, also singulär im Leben eines Elternpaars. 22000 Kids nehmen heuer daran teil. Heute ist Elterntag. Beide Familien leben von der Winzerei. Wir vereinbaren, dass ich, wieder zuhause, mir eine Kiste von ihren Weinen zusammenstellen und schicken lasse. Schweizer Rotwein, mal was anderes als Schweizer Käse, von dem ich schon ausgiebig gekostet habe.
Heute ist es bewölkt und nicht so warm. Ein Tag zum Kilometerabspulen. Vom Lützelhof geht's hinauf zum Etzelpass auf 950m. Unterwegs begegnet mir die Botschaft "Pilgern heisst mit den Füssen beten". Wenn es danach geht, dann habe ich in den letzten Tagen sehr viel gebetet.
Etwa auf Passhöhe liegt der kleine Ort Tüfelsbrugg (Teufelsbrücke), in dem Paracelsus gelebt hat. An der Teufelsbrücke über die Siehl hat man ihm ein Denkmal gewidmet. Auf Passhöhe ist die Landschaft von Hochmoorwiesen geprägt. Sehr schön anzusehen in den verschiedenen Grün- und Brauntönen. Schon fast eine Art Hochebene. Die dahingestreuten Hütten erwecken für mich den Eindruck einer Gartenkolonie mit viel Platz. Weiter gen Südwesten wandernd, immer noch auf etwa 900 Meter, kommt bald der Siehlsee (ein Stausee) in Sicht und dann auch schon Einsiedeln, mit dem alles überragenden Wahrzeichen des Ortes, dem Kloster Einsiedeln.
Hundertausend Besucher begeben sich alljährlich zur Wallfahrt nach Einsiedeln. Entsprechend intensiv wird hier der klerikale Kitsch (Kreuze, Kerzen, Marienstatuen, etc.) angeboten. Zurück geht das Kloster auf St. Meinhard. Ein Mönch, der 26 Jahre lang am Etzelpass als Einsiedler lebte. Eines Tages kamen zwei Räuber und erschlugen den armen Mann. Doch die Räuber haben nicht mit den Krähen gerechnet. Der Sage nach folgten zwei von Meinhard aufgezogene Krähen den Räubern bis ins ferne Zürich, wo man sie schliesslich entlarvte und auf den Scheiterhaufen schickte.
Betritt man die barocke Klosterkirche, raubt es einem den Atem. Prunk, Gold, Glanz. Die Orgel ertönt. Bewegend.
Gegen halb vier verlasse ich Einsiedeln, der nächste Pass, das Haggenegg auf 1414m, ruft. Der höchste Punkt des schweizer Jakobsweges. Wohlan Herz, hinauf!
Unterwegs komme ich im Tal der Alp, unweit von Einsiedeln, am Benediktinerkloster Au vorbei. Wie man sieht ist die Klosterdichte hier sehr hoch. Man wandert hier im Gebiet der zwei Mythen, zwei markante Bergspitzen, die beim Auf- und späteren Abstieg, stete Begleiter sind.
Heute bin ich flott unterwegs. Beim Aufstieg hole ich eine halbe Stunde in Relation zu den im Wanderführer angegebenen 1,5 Stunden ein. Dafür belohne ich mich oben am Haggenegg mit einer Apfelschorle und dem Blick zu den Mythen und ins Tal des Vierwaldstättersees. Leider ist es sehr diesig. Zudem deutet ein Grollen eine Wetteränderung an. Um Sieben beginne ich den Abstieg, 900 Höhenmeter hinab zum See. Er führt, schon weit unten, durch den beschaulichen Ort Schwyz (am Ortseingang das dritte Kloster an diesem Tag). In Schwyz wurde 1291 der Zusammenschluss der drei Urkantone Uri, Schwyz und Unterwalden besiegelt. Daher stand Schwyz bei der Namensgebung für die Alpenrepublik Pate. Als ich durch Schwyz komme, schon recht schlapp, unternehme ich einen zarten Versuch hier Quartier zu beziehen. Der scheitert, so dass ich die restlichen knapp 5 Kilometer nach Brunnen weitergehe, in der Hoffnung in einer Scheune Unterschlupf zu finden. Und wie so oft. Die Scheune kommt in persona des Pensionärs Franz. Der lässt mich für 10 Franken im ausgedienten Schweinestall nächtigen.
Rührend wie er sich bemüht es mir einigermassen gemütlich einzurichten. Schleppt Kartons bei, stellt Tisch und Stuhl auf, zeigt mir wie man Grundwasser pumpt und bringt zu guter letzt, ich stehe gerade nackig unterm Gartenschlauch, ein "Nachtdessert" vorbei. Einen Obstsalat mit Schlagsahne. Das kommt mir gerade recht, da ich noch nichts zu Abend gegessen habe, keine Aussicht auf selbiges habe, und mein Proviant komplett aufgezehrt ist. 36 km und ca. 1000 Höhenmeter haben einiges an "Sprit" gefordert.
3 Kommentare:
Lieber Peter,
ich liebe Deine Berichte und kleinen Geschichten zwischenzeitlich sehr. Sehr lebendig und irgendwie fühlt man sich wenigstens ein bisschen dabei. Vielen Dank!
Oder mit anderen Worten: bitte, bitte nicht nachlassen - die Daheimgebliebenen wissen das wirklich sehr zu schätzen, dass Du Dir die Mühe machst, soviel aufzuschreiben. Es ist wirklich herrlich. Und: ich finde es sehr beeindruckend, dass Du wirklich fast täglich an die 35 km machst. Respekt! Wirklich!
Wie wirst Du es jemals wieder 8 oder mehr Stunden in einem Büro aushalten?
Herzlichen Gruß
Uwe
PS: ich war heute Abend - zum ersten Mal mit Clara - beim Klassik Open Air in Nürnberg am Luitpoldhain. War echt ein toller Vater-Tochter Ausflug; sehr schön.
Hi Peter,
macht wirklich Spaß, am Bildschirm mit Dir "mitzuwandern"! Ist grad das richtige für die Mittagspause...
Die Gegend, die Du derzeit duchläufst, ist mir noch dazu recht vertraut - Rappperswil und Pfäffikon kenne ich (Mein Bruder arbeitet in letzterem.) und im Sihltal war ich selbst schon wandern.
Ich wünsche Dir weiterhin so viele schöne Erlebnisse und hoffe, sie hier nachlesen zu können!
Nadja
hallo Peter
auch ich lese deine Beiträge mit großem Interesse, bin aber immer noch zwei Tage hintendran, da ich mit dem Lesen nicht nachkomme, weil meine Mittagspause nur ne halbe Stunde lang ist.
Gruß
der Ex-Daleb
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