Sonntag, 27. Juli 2008

Der erste Schwumm, von Au nach Pfäffikon (Fr. 25.7)

Beim Frühstück überraschen mich Uschi und Richi mit zwei Geburtstagsgeschenken. Sie überreichen mir eine Flasche Rotwein, die ihnen der Jubilar gestern Abend für mich mitgegeben hat (für den Bruder im Geburtstag sozusagen) und - Übernachtung und Frühstück seien für mich gratis. Wow, ich bin sprachlos, weiss gar nicht, wie ich meinem Dank Ausdruck verleihen soll. Dann erinnere ich mich einer der Botschaften meiner Pilgerschaft, nämlich der, dass wir alle letztendlich miteinander vernetzt sind, und Geben und Nehmen, Schenken und beschenkt werden sich auf diese Weise mittelbar unter uns Menschen fortpflanzen. Den Rotwein lasse ich nach längerem Abwägen (im wahrsten Sinne des Wortes) im Schwendistübli zurück. Die beiden werden einen geeigneten Anlass für dessen Vernichtung finden.
Nach dem Frühstück verabschiede ich mich von Uschi.



Richi führt mich noch kurz durchs Haus, zeigt mir die Scheune, das Freizeit-Bänkli, das man ihm an seinem letzten Arbeitstag geschenkt hat und dann ziehen wir beide los mit dem Ziel "Hörnli" (1133m), wohin uns etwa noch 300 Höhenmeter fehlen. Mein temporärer Wanderkumpan kann einige Geschichten erzählen, aus seinem Freundeskreis, aus der Familie, aber auch die Pilger bringen Geschichten vorbei. So z.B. der Lokomotivführer aus Deutschland, der sich auf Pilgerschaft begab, weil er drei Schicksalsschläge zu verdauen hatte: Sohn verstorben, Frau davon gelaufen, 8 Menschen mit der Lok tot gefahren. Und auf Pilgerschaft hat der suspendierte Bahner dann prompt seine Freundin kennengelernt mit der er dann das Jahr drauf dann gleich nochmal auf Pilgerschaft ging. Dinge passieren ... Oder. Richis Freund, Chef der Airline "Edelweiss", käme hin und wieder mit dem Hubschrauber beim Schwendistübli auf einen Kaffee vorbei. Im richtigen Leben flöge der Mitfünfziger einen Airbus über den Globus. Punkt, kurze Redepause, und dann kommt das "Top!" unterstützt mit der Geste des nach oben gestrecktem Daumens, das Richi gern ans Ende einer Pointe setzt.
Oben am Hörnli lassen wir uns kurz auf ein Getränk nieder und verabschieden uns dann.



Während er zurück ins Kanton Thurgau steigt, ziehe ich weiter ins Züricher Oberland.



Etwa 10 km weiter im Tal eines Flüsschens fröhlich wandernd, kommt völlig unscheinbar der Weiler Ried daher. In dem Ort zweigt der Jakobsweg ab, werde ich im Wanderführer vorgewarnt. Schön, endlich geht es weg von der Strasse. Bei brütender Hitze laufe ich sage und schreibe drei mal durch dieses Kaff, vom Ortsanfang bis zum Ortsende und vice versa, bis ich endlich die verdammte Abzweigung eher errate denn entdecke. In der linken Hand auch noch eine prallgefüllte Vespertüte, da ich kurz zuvor einkaufen war und eigentlich nur kurz nach einem schattigen Plätzchen für die Brotzeit Ausschau halten wollte. Aus der kurzen Weile wird dann ein Stündchen.
Eine Stunde später verlaufe ich mich erneut in dem Ort Rüti. Anstatt den kühlen Aspwald bringt mir der Irrweg einen romantischen Spaziergang durch die wenig ansehnliche Stadt Rüti und entlang eines stark befahrenen Autobahnzubringers ein. Suboptimal gelaufen, die Fährtenroute heute.
Dafür werde ich in Rapperswil, das idyllisch am Zürichsee liegt, belohnt.



Ein quirliger, mondäner Ort, ein bisschen wie Gardasee. Ich kühle meine Füsse im See und erfahre bei dieser Gelegenheit von der Dame, die mit plantschendem Enkelsohn neben mir verweilt, dass es nebenan eine offizielle Badeanstalt gebe.



Nichts wie hin und ab in den See. Das tut saugut! Der Eintritt ins Bad ist frei. Man bezahlt lediglich für die Benutzung der Kabine 2 Franken, sofern man sie benötigt. Nett.
Über den 3 Millionen Franken teuren, eigens für die Pilger (so heisst es zumindest) wieder installierten Holzsteg, gelange ich ans andere Ufer des Sees und dann am Bahndamm entlang in wenigen Kilometern den Ort Päffikon. Hier übernachte ich am Lützelhof im Heu. Der Hof ist riesig. Neben Landwirtschaft setzt die Familie auf Eigenvertrieb, Tourismus und Partyservice. Heute Abend findet eine Hochzeit statt, was für mich die lustige Begebenheit mit sich bringt, dass ich von unten vom See her kommend, schwitzend, schnaufend und müde, durch eine Wolke von wohlduftenden Hochzeitsgästen einlaufe. Skuril, um halb Elf ist die Fete vorbei. Eine Hochzeit, Unvorstellbar!

Keine Kommentare: