Zunächst einmal ein herzliches Willkommen an meine lieben neuen Leser! Im Laufe der Pilgerreise werden es hoffentlich immer mehr. Schön, dass auch im fernen Kalifornien mitgelesen wird. Das ein oder andere Foto wird kommen, sobald ich an einem PC mit USB-Anschluss sitze.
Mittlerweile liegt die Schwäbische Alb hinter mir. Gestern am frühen Abend bin ich in Ulm angekommen. Leider war weit und breit kein bezahlbares Zimmer zu bekommen (Frust!), so das ich schließlich auf die Jugendherberge ausweichen musste. Naja, nicht so mein Ding. Aber so hatte ich zumindest ein Dach über dem Kopf, ein Bett und eine Dusche (nach 2 Nächten im Schlafsack). V.a. das Dach hat sich als nützlich erwiesen, denn in der Nacht hat es zu regenen begonnen. So wird's wohl auch den Rest des Tages bleiben.
235 km in 7 Tagen. Gar nicht mal so schlecht. Meine Füße spüren es. Gestern Abend habe ich ihnen viel Zuwendung in Form von Massagen mit Hirschtalg und Lunasol-Sportsalbe geschenkt. Sie haben es verdient. Blasen sind überhaupt kein Problem (Blasenreport für Thea ;-)), lediglich rechts außen an der "Fessel" des rechten Beines plagt mich eine leichte Schwellung und der linke Fußballen fühlt sich taub an, was beim Wandern aber nicht weiter stört.
Zurück zum Montag. Wo war ich da nochmal, ach ja, in Nördlingen. So viele Orte in so kurzer Zeit, ich verliere den Überblick. Am Marktplatz den Rucksack im Obstladen geparkt und schnell den Daniel hoch (das ist der Kirchturm der St. Georgs-Kirche). Von ihm aus kann man Nördlingen schön aus der Adlerperspektive beschauen: Stadtmauer, die verschiedenen Stadttore, etc. Auf meine Frage, woher der Ausruf "So Gsell so" komme - der wird jeden Abend vom Turmwärter zwischen 10 und Mitternacht mehrmals in die Tiefe ausgerufen - reagiert der Turmwärter gelangweilt. Man kann's verstehen. Das werden ihn schon tausend andere gefragt haben. Die Auflösung schenke ich mir hier, bitte selbst im Web recherchieren ;-)
Pilgeraufmunterung im Schaufenster eines "Wohlfühlgeschäft".
Blog-bedingt komme ich erst am Nachmittag aus Nördlingen weg. Die heutige Strecke ist nicht sehr spektakulär. Für mich ein schönes Erlebnis, weil an meine Kindheit und meinen Vater erinnerend, ist die Passage des Sägewerks unterhalb der Ruine Niederhaus.
Wie das Holz riecht! Im Nu fühle ich mich in die Schreinerei versetzt, in die seinerzeit mein Vater den 4jährigen Peter mitgenommen hatte. Ich habe Tränen in den Augen. Unzählbar viele Baumstämme, enthäutet und auf 6m zugeschnitten warten auf Weiterverarbeitung. Ein Holzstapler greift, hebt und transportiert 10-15 solcher Stämme auf einmal. Irre! Wie viele Männer bräuchte es, um mit Muskelkraft einen einzigen dieser Stämme zu bewegen?
Vom Sägewerk aus folgt der Weg einem Bach, der schönste und romantischste Abschnitt dieser Tagesetappe.
Heute fühle ich mich einsam, insbesondere am späten Nachmittag, an dem ein etwa 2km langer Abschnitt durch dunklen Wald führt, ein Wildgehege, das am Ein- und Ausgang durch ein Gatter betreten bzw. verlassen wird. Mitpilger, wo seid ihr? Da schießt mir schon mal die Frage in den Kopf "Was mach' ich hier eigentlich?". Aber das vergeht. Kaum bin ich aus dem dunklen Wald draußen, steigt die Stimmung. Licht, Sonne, Fernblick über Felder und Wiesen tun sehr gut. Ich bin versöhnt.
In der Dämmerung erreiche ich Kloster Neresheim.
Sehr beeindruckend die Klosteranlage, sehr schlecht, dass das Gasthaus bereits geschlossen hat. Glücklicherweise habe ich das letzte der drei Käsebrötchen meines Dogipacks noch im Rucksack (so gut war die Versorgung im Gasthaus "Zum Storchen"). Auf einer östlich des Klosters gelegenen Wiese breite ich meinen Schlafsack aus und bereite mich auf die Nacht vor. Spektakulär fällt die Sonne hinter den Klostermauern unter den Horizont und hüllt Kloster Neresheim in sattes Rot. Das darf ich life aus dem Schlafsack erleben.
Jäh werde ich aus romantischen Sonnenuntergangsgefühlen gerissen, als sich auf dem nahegelegenen Teerweg zwei Gestalten nähern. Offensichtlich zwei Spätabendsspazierer (gar Mönche?), von denen einer auf Russisch das Gespräch führt, während der andere auf Deutsch antwortet. Lustig. Erst als ich mit einem "Guten Abend" aus der Dunkelheit grüße, nehmen die beiden mich wahr - und erschrecken. Ihr Gespräch verstummt für einige Sekunden und setzt wieder ein, als sie die "unheimliche Stelle" einige Meter hinter sich gelassen haben.
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