Und sie half! Dazu gleich mehr.
Bin gerade in Biberach. Das kleine Städtchen an der Riß gefällt mir sehr gut. Das mag v.a. daran liegen das es heute morgen überwiegend sonnig ist und in der Stadt ein buntes Treiben herrscht. Menschen in Cafes, überschäumendes Marktgeschehen an dem sich an St. Martin schmiegenden Markt (St. Martin übrigens eine konfessionsübergreifende Kirche, sowas gibt's glaube ich nicht so oft) und Pauken- und Trommelwirbel allenthalben. Vor dem Rathaus mit markantem Turm ist eine Tribüne aufgebaut. Es ist nämlich Schützenfest, in Biberach herrscht Ausnahmezustand. Das Pendant zur Erlanger Bergkirchweih. Umzüge, Bierzelte, etc. Jeder feiert mit. Und einige trinken Bier bis zum Umfallen, die letzten "Schützenfestler" verlassen gegen sechs Uhr morgens das Fest. Wollt's mir gestern Abend eigentlich antun, doch dann war ich einfach zu platt. Das Feuerwerk um halb elf habe ich beim Einschlafen gerade noch gehört. Das war's.
Zurück zum Donnerstag, mein Tag in Ulm. Regen. Von der Jugendherberge aus laufe ich den Kuhberg hinunter in die Innenstadt. Am Metzgertor begegnet mir - na wer sonst - Rudolf. Er ist im Begriff die Stadt zu verlassen. Kurzer Austausch über das Wohlbefinden unserer Füße und dann schenkt er mir eine Jakobsmuschel, ein Exemplar von zweien, die ihm ein Mann in Albeck (da wo Robert Bosch her kommt, ihr erinnter Euch?), geschenkt hat. Ich freue mich über das Andenken. Wir verabschieden uns.
Den Großteil des Tages verbringe ich bloggend in der Bibliothek. Als Terminalnutzer ist man angehalten sich namentlich in einer Liste einzutragen und dadurch ein Zeitfenster von 20 Minuten zu blogieren (ähm blockieren - so war es auch in Gunzenhausen). Das stammt aus der Anfangszeit des "Bibiliothekssurfen", in der es häufiger zu Engpässen auf dem öffentlichen und kostenfreien Weg ins Internet gab. Mittlerweile hat sich das gelegt. Ich belege mehr als 10 solcher Felder ...
Das Sightseeing in Ulm fällt wetter- und stimmungsbedingt sehr, sehr knapp aus. Hauptansinnen meiner Pilgerschaft ist ja nicht touristisches Interesse. Ich kann wieder kommen. Als ich im Cafe am Stadthaus sitze kommt die Stadtführung in persona einer äußerst liebenswerten und kundigen älteren Dame auf mich zu. Sie sitzt am Nachbartisch und fragt mich, ob ich wisse, dass das Stadthaus, an dessen Vorderseite wir säßen, von Richard Meier entworfen wurde. Weiß ich natürlich nicht und find's sehr interessant. Denn der Gegensatz von Altem (Münster) und Neuem (Stadthaus) am Münsterplatz ist mir bereits gestern aufgefallen.
Das Projekt wurde in der Stadt 5 Jahre lang diskutiert, bis man es schließlich umsetzte. Gestern Abend hat Außenminister Steinmeier im Saal des Stadthauses einen Vortrag gehalten. Wäre sicher interessant gewesen, aber ich musste ja hoch zur Jugendherberge. Um 22.30 Uhr ist dort nämlich Zapfenstreich ... Aus der Luft besehen hat das Stadthaus die Form eines Schlüssels (Hintergrund? Recherche tut Not).
Die nette Stadtführerin erzählt mir dann noche einiges: vom schönsten Parkhaus Deutschlands, vom Skulpturenrundgang zu den Frauen der Stadt, vom Münster, das von Ulmer Bürgern erbaut wurde, weil es innerhalb der Stadtmauern keine Kirche gab, und vom vor Fachwerk strotzenden Fischerviertel (das ich mir dann auch ansehe). Sehr nett. Ich darf ein Erinnerungsfoto von ihr schießen, ein Umstand, der von ihrer inzwischen mit Sohn hinzugekommenen Tochter mit "Da haben sie aber glück gehabt, normalerweise lässt sich meine Mutter nicht fotografieren" kommentiert wird. Schon komisch, diesen Satz habe ich schon häufiger gehört ...
Aufbruch. Es ist schon fast Sechs als ich Ulm verlasse und so schaffe ich bis zum Einbruch der Dunkelheit nur die rund 16 km bis nach Erbach. Dort speise ich in der Schwabenpfanne. Endlich mal wieder Käsespätzle. Gestärkt und etwas erholt setze ich gegen elf die Pilgerschaft fort. Nicht ganz einfach bei Dunkelheit den Weg zu finden, aber es geht. Allzuweit will ich nicht mehr gehen, nur so weit, bis eine geeignete Übernachtungsgelegenheit gefunden ist. Am Schloss vorbei, dann am Friedhof vorbei. Hinter der Friedhofsmauer sehe ich bisweilen die den Seelen der Toten leuchtenden roten Lichter hervorblitzen. Etwas unheimlich wird's, als auf dem Weg im oberen Donautal plötzlich am Waldrand eine weiße Marienkapelle leuchtet (nein, keine Marienerscheinung, keine Panik).
Die Kapelle, bezeichnenderweise "Maria Hilf", kommt mir wie gerufen - hier werde ich übernachten. Ich rolle meinen Schlafsack an der Außenmauer der Kapelle aus, mich hinein zu legen habe ich (noch) Skrupel. Als mich irgendwann nach Mitternacht Regentropfen wecken, ziehe ich dann doch in die Kapelle um. Danke Maria ;-)
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1 Kommentar:
Hallo Peter,
du bist in 7 Tagen von Nürnberg nach Ulm gegangen. Wir haben dafür 5 Jahre gebraucht; allerdings stand uns ja auch jedes Jahr nur ein Wochenende zur Verfügung.
Am gestrigen Sonntag (27. Juli) war es nun endlich so weit: Ulm lag uns zu Füßen. Die erfahrenen Jakobswegpilger in unserer Gruppe verglichen den Blick auf Ulm von oben mit dem prägnanten Münster mit dem Blick, den man am Ende des Weges von einem Hügel auf Santiago hat. Das ist natürlich ein verwegener Vergleich, aber ein wenig stolz waren wir trotzdem.
Peter, dir als Physiker sind vielleicht die physikalischen Motive auf einem Kirchenfenster im Ulmer Münster aufgefallen. Wenn nicht (und für alle Interessierten) will ich kurz berichten.
Gleich des erste Fenster am Eingang rechts heißt "Fenster der Verheißung". In der Mitte ist der Urknall dargestellt, links davon befinden sich die Namen von 5 Physikern: Kopernikus, Kepler, Galilei, Newton, Einstein, zusammen mit kleinen Portaits. Rechts vom Urknall findet sich eine kurze Zusammenfassung der Ergebnisse, z. B. das Newtonsche Fallgesetz s = 1/2 g t² und die Einsteinsche Energieformel E = mc².
Nach dieser Erfahrung würde ich die Ulmer durchaus als unkonventionell einstufen.
Weiterhin viel Spaß und Grüße von Helmut
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