Freitag, 3. Oktober 2008

Bin da, Von Arzúa nach Santiago de Compostela (Do 2.10)

Endspurt, Gipfelsturm, Ankommen, Abschliessen, wie immer man es nennen mag. Das steht heute an. Und es wird ein Tag der Begegnungen. Bereits beim Frühstück in der Bar: Carmen (aus Galicien, lebt seit dem 18. Lebensjahr in Nordrheinwestfalen) und Lina (aus Zaragossa). Nettes Gespräch. Später die beiden Studenten Juan (Telko) und Paco (Jura) aus Granada. Sie laufen mein Tempo. Sind in Oviedo gestartet und haben den sogenannten "Camino primitivo" absolviert. Angeblich der älteste Pilgerpfad. Dank dieser beiden Burschen komme ich erneut zu einem speziellen Eintrag in mein Pilgerbuch. Rosa, Chefin der Bar "A casa verde", zeichnet geduldig in jedes Pilgerbuch ein stilisiertes Blümchen. ¡Qué bonito!



Und noch etwas lerne ich auf den letzten Kilometern von den beiden: das Mitpilgern. Paco legt Rosa 4 Pilgerbücher vor, obwohl sie doch nur zu zweit unterwegs sind. Wie? Hab' ich da was übersehen? "Ach ja, unsere zwei Freunde haben Probleme mit den Füssen ...". Das riecht doch nach einer Geschäftsidee! Später laufe ich kurz mit der hübschen Corina aus Buenos Aires, die ihren zweimonatigen Europaaufenthalt mit dem Minicamino von Ponferrada aus abschliesst. Ein Erinnerungsfoto jagt heute das andere. Es ist zu spüren, das Ziel ist nahe. Allein, sie alle wollen noch nicht ankommen, machen vorher Schicht. Heute noch nicht ... Heute sehr wohl! Und wieder geht es durch Eukalyptushaine. Schön anzusehen, aber nicht optimal für die hiesige Umwelt. Die schnell wachsenden Hölzer wurden für die Papierindustrie und den Bau von Muschelbänken "importiert", verdrängten die einheimischen Hölzer und senken wegen ihrer tiefreichenden Wurzeln den Grundwasserspiegel ab. Wie dem auch sei, ein Eukalyptusblatt in der Hand verrieben verströmt ein wundervolles Aroma.


Ich stärke mich ein letztes Mal in dem kleinen Ort San Antón, wo ich kurz mit Christa aus Berlin - um die Mitte 50, am Beginn eines Sabbatjahres, von Somport aus aufgebrochen - ins Gespräch komme. Schon unterwegs war mir ihre angenehme Ausstrahlung aufgefallen. Sie ist zweifellos glücklich, glücklich so Nahe am Ziel zu sein. Aber auch sie will nicht heute. Bueno ...
Aufbruch zum letzten "tramo". Schnell noch das süsse Pärchen aus Korea überholt. Händchenhaltend schlendern sie durch den Wald. Sie gefallen mir so, dass ich ein Foto schiessen muss.


So kommen wir ins Gespräch. Da ich nun mal gefragt worden bin, gestehe ich meine Reiseroute. Jetzt sind sie aber aus dem Häuschen. Superman, Superman. Foto ... Lustig. Und weiter geht´s.
Schliesslich treffe ich ihn dann doch noch den compañero, der heute mit mir nach Santiago einlaufen wird. Eufrasio aus Tarragona. Zuerst überholt er mich (ich staune), ich bleibe dran, will ihn überholen, wir kommen ins Gespräch, verstehen uns prächtig und kürzen so die Meilen nach Santiago deutlich ab. Tolle Begegnung. So sehr vertieft in unser Gespräch, dass wir ein Stück an Monte do Gozo verbeirauschen und nochmals hochsteigen müssen, um uns hier, an dieser so bedeutenden Stelle (Santiago erstmalig in Sicht, historische Pilgerwaschungen), noch einen Stempel zu holen. Diesen Umweg belohnen wir mit einem Bierchen. Viele Pilger übernachten am Monte do Gozo ein letztes Mal, um am nächsten Morgen frisch die verbleibenden vier Kilometer zur Kathedrale zurückzulegen. Ich kann's nicht verstehen. Monte do Gozo ist eine hässliche Betonburg. Hotelanlage und Albergue. Völlig steril. Mag früher schön gewesen sein. Welch ein Kontrast zu den kleinen Dörfchen der vergangen Tage. Nö, das würde ich mir nicht antun. Nichts wie hinunter Eufrasio! Kurz vor Sechs laufen wir ein, werden an einem Ende in die Kathedrale gespült und am anderen Ende, dem Hauptportal wieder ausgespuckt. Wow! Wir sind da. Ich bin da. Freude, ja, aber keine Euphorie.


Wir holen unsere Compostela ab, trinken noch ein Bierchen zusammen und verabschieden uns bis Morgen zur Pilgermesse.


Ich beziehe mein Hostal (über das schweige ich jetzt mal lieber), mache mich frisch und gehe Essen. Bueno, se acabó - casi! Bin da.

5 Kommentare:

Ulla hat gesagt…

Hi Peter,
jetzt bist du also da ... Wahnsinn!! Glückwunsch! Kann man doch so sagen, oder?
Ich war schon richtig gespannt wie es wohl für dich ist dort anzukommen, nach 12 Wochen jeden Tag laufen am Ziel zu sein ...?
Jetzt bist du ja schon zwei Tage da, wie ist es da zu sein, angekommen zu sein? Kannst du das jetzt richtig geniessen oder fehlt dir das Laufen schon?
Finde das richtig spannend! Und nochmal Hut ab vor dieser Leistung!!
Grüsse,Ulla

Anonym hat gesagt…

Lieber Peter,
auch wenn Monte de Gozo (zumindest das Areal um die Herberge herum) nicht schön ist: Die letzte Pilgermesse vor dem Ankommen in der ganz kleinen Kirche oben am Denkmal und das leckere Essen im Ort sind sehr empfehlenswert, vor allem aber das Ankommen ganz frühmorgens in Santiago ohne den ganzen Touri-Trubel einerseits und die Stille der Kathedrale andererseits haben einen besonderen Reiz!
Aber ich glaube, jeder kommt so an, wie es für ihn am besten paßt!
Jedenfalls kriege ich Herzklopfen, wenn ich an Santiago denke.. Hast Du es gut!
Ich wünsche dir auch noch einen guten Weg bis nach Finisterre, vielleicht hast Du ja auch noch die Möglichkeit, Murxia zu sehen?
Liebe Grüße
Thea
Bin gespannt, was Du verbrennen wirst..

Anonym hat gesagt…

Herzlichen Glückwunsch, Peter, dieses Stück deines Lebens-Weges bist du erfolgreich gegangen!
Wir sind im letzten Jahr von Lavacolla aus direkt in die Pilgermesse gegangen, war auch nicht schlecht.
Ultreia für den nächsten Lebensabschnitt wünscht
Dorothea

Anonym hat gesagt…

Hi Peter, super...jetzt bist Du also in Santiago angekommen. Herzlichen Glückwunsch...wenn ich so zurückdenke, war mir irgendwie klar, dass Du bis zum Schluss gehen würdest (nur nicht wie lange das dauert ;-). Ich freue mich aber auch, wenn Du wieder da bist und wir mal wieder auf ein ombra gehen...Genieße noch die letzten Tage und grüß mir den Atlantik.
Bis bald, Karl

Norbert Leinfellner hat gesagt…

Spaet aber doch auch die Glueckwuensche von uns "Kaliforniern"! Wir waren ein paart Tage im Yosemite Park und haben deine LIve-Ankunft in Santiago verpasst. Ab jetzt: Alles Gute "auf dem Weg zurueck ins Leben" - wow, das wird erst einmal eine Aufarbeitung eines Lebensabschnitts...
Norbert, Gabi, Carina, Florian, Carina