Heute wird es deutlich über 30 Grad haben. Bullenhitze. Extrempilgern. Doch der Tag beginnt mit einem gemütlichen Frühstück in der Bar am Dorfplatz. Noch ist es relativ kühl. Um halb Neun breche ich auf.
Auf dem ersten Teilstück nach Varaire komme ich mit Rita und Wolfgang aus Siegburg gleich so intensiv ins Gespräch (halt die Rheinländer), dass wir prompt die Markierung verlieren. Und zurück. Naja, es sind nur 500 m.
Zwischen Variere und Bach verabschiede ich mich von den beiden und laufe in meinem Tempo alleine weiter. Die 15 Kilometer von Bach nach Le Pech verläuft der Jakobsweg auf einer alten römischen Handelsstrasse (das hatte ich schon mal im Ries). Schnurstracks gerade aus, oft steinig, bald durch Strauch- und Buschlandschaft, kleinere Laubwälder, bald über Lichtungen. Es geht auf Mittag zu, es wird heiss. Langweilig geht es auf dem staubtrockenen "Cami Ferrat" dahin. Eine mentale Herausforderung. Ein Trost, die Landschaft mutet mediterran an, erinnert an Wanderungen am Mittelmeer. Büsche, Trockenheit, Einsamkeit, nur Grillen als Begleiter, und der Duft.
Etwa auf halbem Weg, kurz vor Mas de Vers, sitzt Matthias (der Bochumer) im Schatten eines Baumes. Kurzer Plausch mit ihm, dann gehe ich weiter, will sehen, ob es in dem Weiler Wasser gibt. So ist es dann auch. Am westlichen Ortsrand laden mich ein Gemüsegarten mit Wasserhahn und ein faul im Schatten einer Mauer liegendes Kätzchen zum Verweilen ein. Gar nicht so einfach mit einer Katze zwischen den Beinen zu vespern. Mein Käse macht nämlich auch den kleinen Tiger an. Gibt's nicht, nur die Rinde. Als vom Hof her ein "Jam, jam, jam" ertönt, ist meine vierbeinige Gesellschaft geschwind verschwunden. Statt dessen bekomme ich zweibeinige Gesellschaft. Bärbel, die Langstreckenpilgerin aus Leipzig, kommt des Weges daher, mit 17 kg auf dem Rücken. Unglaublich, was diese Frau seit 4 Monaten durch die Gegend schleppt. Zelt, Kochgeschirr usw. Und vor Matthias, der 18 kg im Vorkriegsrucksack schleppt, ziehe ich auch meinen Hut. Seit ich die beiden kenne, kommt mir mein Gepäck viel leichter vor.
Die nächsten zwei Stunden laufen Bärbel und ich zusammen. Irre, wie schnell sie mit entsprechendem Stockeinsatz gehen kann. Dies, und der Umstand, dass sie sich für heute auch die lange Etappe bis nach Cahors vorgenommen hat, immerhin 40 km, erstaunen mich, umso mehr, als sie gestern Abend noch die Hände über dem Kopf zusammenschlug, als ich ihr meine Tagesetappe erklärte. Sei's drum. Im Anschluss an den Camino wird Bärbel auf einem andalusischen Bauernhof arbeiten, gegen ein Taschengeld und freie Kost und Logis. Wird von einer Organisation namens WWOOF vermittelt. Ja, Bärbel steigt für eine Zeit so richtig aus. Nix mer mit Dokoration. "Dekorürt hobe isch longe genüg", klingt es in meinem Kopf nach.
Ein Wasserhahn beim Weiler "Le Garat". Was haben wir den herbeigesehnt! Was habe ich den gesucht! Ohne Hinweis im Wanderführer hätte ich diesen Anschluss ans Kühlswstem nie gefunden. Durst löschen, Füsse kühlen, plantschen. Etwa einen Kilometer nach dem Weiler trennen wir uns. Sie macht Pause (hat noch nichts gegessen die Arme), ich gehe weiter.
Es fehlen noch 10 Kilometer nach Cahors. Und die ziehen sich, ich kann's Euch sagen. Im Wanderführer steht lapidar "über das Plateau hinab nach Cahors". Dass sich dieses "über das Plateau" eine Stunde hinzieht, hätte ich mir nicht träumen lassen. Scheinbar ewig geht es über das strauchbewachsene Plateau bei immer noch grosser Hitze hinweg. Der Abstieg nach Cahors kein Deut besser. Auf Asphalt geht es extrem steil hinab.
So ist das eben. Gern stellt man sich die Dinge so vor, wie man sie gern hätte, und nicht wie sie sind. Auch das hat mich der Weg mehr als einmal gelehrt.
Ja, heute bin ich platt. Geiles Gefühl anzukommen. Schön, in der Turiinfo freundlich empfangen zu werden. Die nette Dame besorgt mir sogleich ein Hotelzimmer und versorgt mich mit allen relevanten Informationen (Stadtplan, wohin zum Essen, etc.).
Endlich mal wieder ein Zimmer für mich. Ich mache mich frisch (Badewanne!) und begebe mich dann auf Erkundungstour in die Altstadt. Morbider Charme, quirliger lauer Sommerabend. Internet und Italiener (brauche mal wieder Pasta; hier gibt's auch nach 10 noch was zu essen, halt Italien). Es wird doch wieder Mitternacht, bis ich in der Koje liege. Bin 'ne Nachteule, so viel steht fest ;-)
Bis denne, stay tuned, werde jetzt kurz Moissac anschauen und dann, naja, ratet mal ...
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1 Kommentar:
Und dann? Na entweder Toulouse (was etwas abseits liegt), oder Condom, was mir als erstes eingefallen waere...
;-)
Liebe Gruesse aus Kalifornien..
Norbert
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