Montag, 8. September 2008

TGV-Anschluss, Von Marsolan nach Lasserre-de-Haut (Mi 3.9)

Bärbel kocht Kaffee, ich sorge für die musikalische Untermalung (aus meinem Handy). Der etwas andere Pilgermorgen.



Aufbruch nach Condom. Bei Castelnau sur l'Avignon führt der Weg durch einen Schrottplatz. Wie im richtigen Leben, nicht alles ist schön. Kurze Zeit später Besichtigungshalt und Wassertanken bei der Chapelle Saint-Germain. Hier treffen wir Annette aus Berlin zum ersten Mal. Kurzer Pilgerplausch.




Der Ort hat übrigens wirklich was mit den Gummitütchen zu tun (hab' das Lied von Ringsgwandl im Ohr: "... Ach Du kleines Gummitüterl, bist arg mitgenommen worden ..."), das wir mit dem Namen assoziieren. Es gab oder gibt hier eine Fabrik, in der Präservative hergestellt wurden/werden. Eine Ausstellung zu dem Them kann man auch besuchen, hab' ich mir allerdings geschenkt. Inwieweit sich die Pariser-Produktion im Ort auf die Bevölkerungsentwicklung auswirkt, vermag ich nicht zu beurteilen. Ein Fabrikverkauf ist mir jedenfalls nicht untergekommen.
Kaum in Condom angekommen, kaufe ich die erste Bäckerei, die am Weg liegt, leer. Mann sind wir hungrig. Ein Baguette und 5 (!) Chocolatines. Letztere vernichten wir an Ort und Stelle. Danach fühlen wir uns besser. Anschliessend Provianteinkauf im Supermarkt. So ist's richtig. Nur nicht hungrig einkaufen gehen, und schon gar nicht als Pilger. Der muss das Zeug nämlich nicht nur bezahlen, sondern auch schleppen. Mit voller Kombüse geht's weiter zu einem Cafe an der Kathedrale, unseren Abschiedscafe trinken. Das wievielte Abschiedsgetränk ist das eigentlich? Heute führt allederdings kein Weg am Tschüss vorbei. Bärbel muss bleiben, ihr Kumpel "Donne" wird morgen anreisen und sie in den nächsten beiden Wochen begleiten. Das Treffen mit Donne war auch der Grund dafür, weshalb Bärbel in den letzten Tagen grössere Etappen einlegte. Sie hatte befürchtet, nicht rechtzeitig anzukommen. Und jetzt ist sie sogar einen Tag vor dem Plan! Bärbels Kommentar: "Wenn ich gewusst hätte, dass ich Anschluss an den TGV bekomme, hätte ich mir keine Sorgen gemacht."
Nun ist auch Annette angekommen und gesellt sich im Cafe zu uns. Mit Blick auf die aus beigem Stein errichtete Kathedrale seufzt sie: "Ich bin begeistert von den Steinen in dieser Region!" Das steinige, das erdverbundene vermisst sie in Berlin. Will da weg. Aber zunächst erst mal nach Saint-Jean-Pied-de-Port.
Am Cyber-Cafe ist's dann so weit. Bärbel und ich umarmen uns zum Abschied. Die Weltenbummlerin (Namibia, Mali, Äthiopien, Sri Lanka, Vietnam, Thailand, Mittelamerika habe ich in Erinnerung behalten) wird Anfang November in Santiago einlaufen. Ein wenig Wehmut liegt in der Luft. Aber wie schon ausgeführt, Abschied gehört zum Camino ...
Es ist bereits halb Fünf, als ich die restlichen 15 km nach Lasserre-de-Haut anpacke. Ich muss unbedingt noch laufen. Regen sezt ein, passt zur Wehmut. Nach 30 Minuten ist's Schluss mit der Feuchtigkeit und ich habe meinen Laufrhythmus gefunden. Die Landschaft wie gehabt: Sonnenblumen, Mais, Kartoffeln, Hirse, Bohnen. Sanfte Hügel. 2 km vor meinem heutigen Etappenziel, an der Eglise-du-Routges, lege ich einen folgenschweren Vesperhalt ein (Rätselsauflösung im morgigen Beitrag). Ich muss etwas essen und tanke: ein ganzes Baguette, eine ganze Schale Cocktailtomaten und eine ganze Packung Räucherlachs.


Eglise-du-Routges - hier ist's passiert


Danach fühle ich mich wieder gut. Eine halbe Stunde später laufe ich im Hof Lasserre-de-Haut ein. Hier wartet ein sehr schönes Quartier auf mich. Ein Schlafsaal mit 10 Betten, in dem ich der einzige Gast bin. Yeah!




Zwei kühle Bier aus der Dose im Kaminzimmer, was will ich mehr!

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