Frühstück in einer Bar, dann zur Kathedrale. Vor der Kathedrale treffe ich mal wieder Viktoria, die Ungarin. Diesmal in Begleitung des ebenfalls aus Ungarn kommenden Gabor.
Bin etwas überrascht sie hier anzutreffen. Hätte nicht gedacht, dass sie auch 40+ täglich gehen kann. Die Aufklärung folgt. Sie sei im Krankenwagen nach León gekommen. Verdacht auf Blinddarmentzündung, der sich glücklicherweise nicht bewahrheitet hat. Also, neben Bus, Zug und Taxi eine weitere Möglichkeit schneller ans Ziel zu kommen ;-) Ich freue mich die beiden zu treffen, wir quatschen ein wenig, dann verabschiede ich mich ins Gotteshaus. Französische Gotik aus dem 13./14. Jh., schlicht, klar, nackt, wirkt durch Raum und Farbe. Fantastisch die vielen bunten Glasfenster (insgesamt 1800 qm).
In der Kirche fehlt die übliche besinnliche Stille: Baulärm und deutsche Bildungsreisende. Je nach Himmelsrichtung überwiegen in den Fenstern unterschiedliche Farben, so z.B. in den nördlichen Fenstern mit Motiven aus der Philosophie, vor Christus also. Da den alten Denkern die Erleuchtung durch Christus abging, dominieren hier kalte Farben, Blautöne. Für die Spanier unter Euch. Die (konservative) spanische Tageszeitung "El Mundo" schrieb am 4.5. 2008:
"El sol parece jugar con la catedral dando vida sus critaturas y las despierta para una gran celebración celeste ... quiere convocar al universo entero para que se una al hombre en la alabanza a Dios" - Klingt doch gut, oder?
Anschliessend besuche ich "San Isidoro de León" (Teil des einstigen Königspalasts). Hier bestechen die gut erhaltenen romanischen Deckenfresken aus dem 12. Jh. in der königlichen Gruft. Auf den Deckenbildern geht´s teilweise ganz schön brachialisch zu. Erinnert mich an Malereien, die mich einst in einem buddhistischen Tempel befremdeten (und zwar im unteren, irdischen Bereich - versteht sich). In der Bibliothek der Kirche ein Bücherregal mit alten Folianten. Die Bücher sind bis zu einen Meter hoch. Willkommen im Land der Riesen. Amüsant auch der folgende Text aus dem deutschen Faltblatt zur Besichtigung: "Der Stift des Heiligen Isidoro von León dankt Ihnen für Ihren Besuch und hofft, das(s) dieser interessant und in geistiger Hinsicht fruchtbringend verlaufen ist." Ja, war schon ziemlich fruchtig.
Gegen Mittag verschlägt es mich auf der Suche nach einem 2GB Speicherchip für die Kamera in eine Kellerbar. Gut besucht das Lokal, viele Internet-PCs. Das richtige für mich. Bestelle mir eine "ración" Pulpo. Das hätte ich mal lieber nicht getan. Eine Riesenportion (-ration) in Öl schwimmender Pulpos. Schon der Anblick. Ein Drittel würge ich hinunter (Ihr wisst ja, lieber den Magen verrenkt, als dem Wirt was geschenkt). Dieses Essen bezahle ich zweimal. Erstens 17 € (hab' mit knapp 10 € weniger gerechnet) und zweitens bekomme ich ab dem späten Nachmittag Probleme mit meinem Verdauungssystem ...
Sitze bis drei vor dem Rechner, dann ruft mich der Weg. Von León nach La Virgen del Camino geht es recht langweilig durch Randbezirke und Industriebebauung dahin. In einer Bar genehmige ich mir einen Rosado, es ist sehr heiss. Dann ist es Fünf. Jetzt aber los, 15 km liegen noch vor mir. Ich wähle die längere, aber schönere Variante über Villa de Mazarife, anstatt dem Hauptweg zu folgen und mich die Strasse entlang zu mühen. Auf dem letzten Kilometer in den Ort - es ist mittlerweile kurz vor Acht - ist die Stimmung in der tiefstehenden Abendsonne wieder sehr schön: ein Traktor staubt über die Felder (keine Ahnung was der Bauer da auf den Feldern verteilt - wird schon ungesund sein), ein Hirte mit Esel und Hund treibt die Schafherde über die kleine Landstrasse "nach Hause".
Ich steige im "Tio Pepe" ab. Werde sehr freundlich empfangen und bekomme ein 6-Bett-Zimmer für mich alleine. Das Glück des Spätankommers. Danke.
Die Herbergsmutti erweist sich als sehr hilfsbereit und bereitet mir, dem Magenkranken, ein leichtes Mahl zu (Reis und gedünsteten Fisch - letzteren hätte ich doch lieber weglassen sollen ...), Tee und als Absacker einen Esslöffel Medizin: Pimperan (HCl). Kennt das jemand? Hat mir jedenfalls nicht geschadet. - In diesem privaten Refugio gefällt es mir sehr gut. Es ist lebendig, Pilger und Locals unterhalten sich in der Bar um die Wette. Von Wegen um 10 Zapfenstreich. Nach dem Essen setze ich mich im Nebenzimmer an den PC. Beim Schreiben höre ich wie drüben in der Bar im Fernsehen zum x-ten Mal die Bilder des überschwemmten Valencia, die Fussballtore des Abends, etc. gezeigt werden und die Wirtsfamilie erhitzt über Leid und Liebe, Leid in der Liebe, debattiert. Wer weiss, vielleicht ist diese Atmosphäre ja inspirierend.
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