Donnerstag, 11. September 2008

Pyrenaeen in Sicht, Von Le Relais du Haget nach Latrille (5.9)

Buenos dias queridos lectores! Ja, ich bin tatsaechlich in Spanien angekommen (genauer gesagt in Huarte, einem Vorort von Pamplona). Kanns nicht glauben. Letzte Nacht habe ich zusammen mit 160 anderen Pilgern im Kloster Roncesvalles uebernachtet. Irre Atmosphaere, auch wenn ich kaum geschlafen habe.
Kurzes Feedback zu Euren Fragen (Uwe, Thea). Hier wird es gegen Neun, also eine Stunde spaeter finster, dafuer aber erst so gegen halb Acht hell (kommt mir als Nachteule entgegen). Allmaehlich wirds eng fuer laengere Etappen. @Schuhe: Werde morgen in Pamplona einen Schuster aufsuchen, dann werden wir sehen.

Zurueck zum Reiterhof in Haget.



Abschied von den Franzosen, Abmarsch gegen Neun. Der erste groessere Ort Nogaro duerfte den Freunden des Automobilsports unter Euch bekannt sein. Automobilrennstrecke. So heiss wie die Kisten, die hier ihre Runden drehen, so heiss der heutige Tag. Nur gut, dass der Weg haeufig durch schattige schattigen Wald fuehrt. Erst als Nogaro hinter mir liegt, dringt Motorenlaerm an meine Ohren. Ich frage mich, wer da am Freitagmorgen seine Runden drehen mag?

An der Kirche von Lanne-Soubiran hole ich die 6 Franzosen ein. Lege eine Rast ein, sie ziehen weiter. Da sie recht flott unterwegs sind, werd' ich sie vermutlich nicht wieder sehen. Irgendwie schade ...





Nach Aire-sur-l'Adour nehme ich die kuerzere Variante ueber Arblade-le-Bas und Barcelonne-du-Gers. Langweilig geht es ueber Asphalt dahin. Voellig unerwartet dann dies: in Pastelltoenen zeichnet sich im Sueden vor einem Vorhang aus Dunst die Bergkette der Pyrenaen ab. Ich bin ueberwaeltigt! Gut 8 Wochen nach meinem Aufbruch sind die Pyrenaeen in greifbare Naehe gerueckt.


Kaffeepause in Aire. Hier entdecke ich das Problem mit meinen Schuhen, von dem schon berichtet wurde. Air, der Ort mit keltischen Wurzeln, war im Mittelalter eine wichtige Pilgerstation. Heute ist es der letzte groessere Ort vor dem Grenzuebertritt nach Spanien, St.-Jean-Pied-de-Port mal ausgenommen, but that's another story. Pilgerempfang in der Kathedrale, in den Gassen des Zentrums quirliges Treiben, einige nette Bars. Hier koennte man es durchaus ein paar Stunden aushalten. Ich belasse es beim Provianteinkauf, einem Milchkaffee und dem Besuch des Sportgeschaefts.



Selbstportrait

Weiter geht's zu dem winzigen Ort Latrille. Zunaechst einen Stausee entlang, dann mitten in ein Strassenbauprojekt hinein, das ich nur mit Muehen umschiffe. Dann hinauf zu einer Ebene in der nur Mais angebaut wird. Maisfelder soweit das Auge reicht. Die knabbern ganz schoen was weg, die Enten, die Gaense, einzige Abwechslung hier oben: eine Stierzucht. Aha, Spanien rueckt naeher! Es ist schon ein anderes Gefuehl an einem "Toro" vorbei zu gehen, als an einer Kuh. Massiger Nacken, Augen auf den Pilger fokussiert. Schoen, dass ein Zaun zwischen uns ist.


Im Sueden erblicke ich erneut die Pyrenaeen, deren Konturen jetzt, da die Sonne tief im Westen steht, gut zu erkennen sind.
Latrille ist ein winziger Ort, ein Kaff. Einige Haeuser, eine Kirche, ein Friedhof, ein Wasserhahn, neben dem Friedhof ein Accueil, eine Pilgerstube. 15 qm, Tisch, Baenke, Kaffee und Kaffeemaschine. Tag und Nacht geoeffnet. Leicht versifft, an den Waenden thematische Landkarten von Suedfrankreich, ein Hauch von Erdkundeunterricht. Ueberall (an den Waenden, auf dem Tisch, auf dem Boden, etc.) liegen Zettel rum: Dankesnachrichten von Pilgern, Botschaften von Pilgern an Nachkommende; Ich wasche mich am Friedhofswasserhahn und richte mich gemuetlich ein. Werde die Nacht hier verbringen.




Der Versuch einem Alten einen halben Liter Wein abzutrotzen schlaegt fehl. Beim Friedhof gebe es Wasser deutet er mir. Ach, das weiss ich doch. Allein, die Gabe Wasser in Wein zu verwandeln fehlt mir leider. - Dann bleibt's halt beim Wasser zum Abendbrot. Der sporadisch auftretende Regen am Nachmittag entwickelt sich zu einem Dauerregen, der gegen Zehn einsetzt. Jetzt wird's richtig gemuetlich. Soll mir recht sein, schliesslich schlaeft man bei Regen gut. Solange es morgen frueh wieder schoen trocken ist ...

4 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,
echt fast nicht zu glauben, dass Du nun schon in Spanien bist! Bin gespannt, was der Schuster sagt...
Sag mal, ich habe ja irgendwie die Vermutung, dass Du keine Ohrstöpsel dabei hast, wenn Du in Roncesvalles kaum geschlafen hast. Ich war heuer auch da und habe es als sehr gut organisiert erlebt, diese riesengroße Zahl von Pilgern in diesem einen Raum zu beherbergen. Bin schon auf Deinen Bericht gespannt, vor allem auch Dein Eindruck von der Kirche!
Bei uns wird es wirklich Herbst, abends früh dunkel(liebe Grüße auch an Uwe an dieser Stelle), aber auch morgens wieder später hell - schade, dass die Tage wieder kürzer werden. Und gestern Abend gabs einen Wetterumschwung nach dem Gewitter, so dass wir die geplante Bergtour wegen der Schneefallgrenze abgesagt haben.
Lieber Peter, ich bin gespannt, wie es Dir weiter ergeht, auch, ob Du über den kleinen Umweg "Santa Maria de Eunate" gehst - sehr schön!
Buen camino
Thea

Norbert Leinfellner hat gesagt…

Wahnsinn! Endlich in der Zivilisation angelangt!! Ein Traum!
Jetzt beneide ich dich endgueltig!
Gruess mir die Stiere und den Hemingway (achso, den gibt's ja nicht mehr).
Nobbi

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,

ich bin seit ein paar Tagen auch wieder zurück aus meinem Urlaub an der Atlantikküste in Frankreich...
(ja dort wirds ca 1 std später hell und auch später dunkel.. kommt auch mir sehr entgegen )

obwohl ich dort schon das 7. mal war, ist mir dieses Jahr das erste mal der Jakobsweg dort aufgefallen..
bin diesen zur Marathon Vorbereitung entlang gejoggt..
dort gibt es einen Jakobsweg der von Soulac (dort sind englische Pilger mit dem Schiff angekommen), Küstennah - aber nicht am Meer - Richtung Süden verläuft..

Ein Dörfchen heisst dort z.b. auch L'Hopital, da dort in früheren Tagen ein Pilgerkrankenhaus war.

viele grüße
Markus

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,
hier grüßt Dich Caroline, eine der beiden Deutschen, die Dir und Deinen Mitschläfern (wegen einer spontanen Geld-Hol-Aktion) in Figeac einen Schrecken eingejagt haben... Du erinnerst Dich? Mit einem Lächeln auf den Lippen und (zugegebener Maßen) etwas neidisch habe ich gerade in Deinem "Tagebuch" gelesen. Wahnsinn, wie weit Du schon bist, toll, was Du erlebst...
Peter, es ist auch ein wenig Eigennutz, warum ich mich melde: Stefan aus Fulda gab mir seine Adresse und Bücher mit, die ich in seinem Auftrag von Deutschland aus zu ihm nach Hause schicken sollte. Und jetzt: Ich habe die Adresse verloren!!! Weiß nichtmal seinen Nachnamen... Falls Du ihn wieder siehst oder jemanden, der ihn kennt: Bitte fragt ihn doch nach seiner Adresse für mich! Meine Mailadresse: caro_in_nz@hotmail.com. Ich wäre sehr dankbar!!!
Dir viel Glück mit Deinen Schuhen und genieß es weiterhin! Liebe Grüße
Caroline