Latrille, die Übernachtung in der Herberge am Friedhof. Da war ich stehen geblieben. Jo, Morgentoilette am Friedhofshahn. Bin so gegen Acht im Begriff mich auf die Socken zu machen, als ein Kleinbus angefahren kommt. Wer steigt aus? Meine 6 französischen Freunde! Die langweilige Strecke von Aire nach Latrille haben sie sich geschenkt. Ja, ja, viele der Franzosen sind Genusspilger: Landschaft und Essen müssen passen ... Regen hingegen macht ihnen nichts aus. Den haben wir heute Morgen nämlich.
Ein Stück des Weges gehen wir gemeinsam. Die 6 sind allesamt Marathonläufer und haben alle schon mehrmals am Marathon du Medoc teilgenommen. Den Läufern unter Euch wird diese Veranstaltung ein Begriff sein. Auch bei ihr geht es in erster Linie um Genuss (unterwegs werden Rotwein, Steaks und Käse gereicht) und nicht um Bestzeiten. Dieses "Rennen" findet übrigens immer am ersten Samstag im September statt (also heute!) und ist auf 8000 Teilnehmer beschränkt. Nicht ganz einfach auf die Starterliste zu kommen. Kurz vor Pimbo an der "Eglise de Sensacq" der "Porschehinweis": Noch 911 Kilometer nach Santiago! Hier hänge ich die Franzosen ab.
Bei strömendem Regen und keuchend Ankunft in Pimbo (wie fast jeder Ort liegt auch dieser auf einem Hügel). Ein Anwohner wäscht sein Auto an der Strasse. Er arbeitet mit einem Schwamm, es schäumt kräftig. Da fällt mir ein, dass es genau andersherum ist, als neulich von mir behauptet. Die Franzosen stellen ihr Auto in den Regen ...
Tote Hose in Pimbo, nicht einmal eine winzige Bar, nada (ach wie ich mich auf Spanien freue!). Also hänge ich die nächsten 5,5 km nach Arzacq-Arrazguet an, vorbei an einer Entenfarm. Die Anwesenheit des Pilgers beunruhigt die Tiere, deren Flügel gestutzt sind. Der Fluchtinstinkt befiehlt ihnen, mit den Flügeln zu schlagen, an Höhe gewinnen die Armen dennoch nicht.
Arzacq, bin platt. Brotzeit und Kaffeepause. Anschliessend weiter nach Uzan.
Mittlerweile hat sich das Wetter beruhigt, es ist trocken und windig, stimmungsvoll. Kurze Pause an der Kirche von Louvigny, meine Füsse brauchen unbedingt etwas frische Luft, Kühlung.
Von hier aus nehme ich die Strasse und schenke mir den Umweg über die Felder. Sehe trotzdem genug Maisfelder mit Maispflanzen, die hier deutlich über zwei Meter hinaus wachsen. Nach knapp 38 km Ankunft in Uzan. Mehr geht heute nicht. Es ist halb Acht. Die Gite des Dorfes wird von Bauersleuten betrieben, also klingele ich an der Tür zum Bauernhaus. Unerwartet schnell öffnet die Tochter, Mitte 20, die Tür und konfrontiert mich mit einem: "Complet!" Nein, ich gehe auf keinen Fall weiter. Sie ruft ihre Mutter herbei. Mutter und Tochter diskutieren die Lage. Sporadisch werde ich ins Gespräch einbezogen. Während die Mutter mich auch in der Garage schlafen liesse ("pas de probleme" für mich), kommt das für die Tochter nicht in Frage. Schliesslich einigt man sich auf das Wohnzimmer, nachdem auch die anderen Gäste zugestimmt haben.
Deren einzige Sorge gilt dem Fussballspiel Frankreich-Österreich, das sie sich im Fernsehen anschauen wollen. Kein Problem für mich, da ich bis weit nach Zehn zum Bloggen drüben im elterlichen Haus sitze, und zwar am Rechner im Wohnzimmer. Neben mir sitzt zeitweise die Tochter, die das heute erworbene Laptop mit Software versorgt. Aus der Küche schallen Flüche herüber. Der Bruder verfolgt das Fussballspiel, das Österreich mit 3:1 gewinnt! Allez Austriche, oje les bleus!
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