Mittwoch, 3. September 2008

Jägerkäppi in Orange, Von Lascabanes nach Moissac (So 31.8)

Oh Du armes Burgenland, wo sind all deine Wälder? Zusammengesägt von den beiden in meinem Zimmer. Um halb Zwei halte ich es nicht mir aus, packe Schlafsack und Isomatte und flacke mich draussen im Garten unter eine Eiche. Nieselregen beendet gegen 6 Uhr morgens die kurze Nacht. Bin heute Morgen schlecht gelaunt, warte bis die anderen sich auf den Weg gemacht haben und frühstücke alleine.
Um halb Neun ist Abmarsch. Die ersten 20 Kilometer nach Lauzarte ziehe ich ohne längere Pause durch. Die Hitze der letzten Tage hat sich verabschiedet. Heute ist es bewölkt, es hat ca. 23 Grad, gute Wanderbedingungen. Bald lasse ich das Burgenland und andere Pilger hinter mir, bin allein. Auf der gesamten Strecke nach Lauzarte wird nach Wildschweinen gejagd. Die Jäger tragen leuchtend organgene Käppis auf dem Kopf, Flinten liegen in ihrem Unterarm. Echte Kerle, aus denen die Mützchen doch wieder spielende Jungs machen.




Irgendwie würde ich mich mit so einem Mützchen auf dem Kopf jetzt sicherer fühlen. Bin ja auch ein Jäger, zumindest mehr Jäger denn Sammler. Das wird mir vor Augen geführt, als ich an den vielen Brombeersträuchern vorbeikomme. Die Beeren sind jetzt reif und sehr lecker. Dennoch bleibe ich nicht allzulange stehen. Einen ganzen Sack voll hätte ich sammeln können ... Auch andere Früchte begegnen mir heute - Tomaten, Äpfel, Feigen - brauche keinen Supermarkt.
Lauzarte, wieder so ein hübscher, auf einem Hügel plazierter Ort mit Festung. Ich trinke eine Apfelschorle (Milchkaffee gibt es in der skurilen, etwas rockig angehauchten Bar am Platz mangels Milch nicht - "je suis desolé" - meint der kultige Kellner mit Hut lapidar) und esse einen Schokoladenkuchen. Hin und wieder muss man sich belohnen. In der Turiinfo (sehr hilfsbereit!) lasse ich mir ein Zimmer in Moissac reservieren.



Zwischen Lauzarte und Moissac fühle ich mich wie in der Toskana, v.a. wegen der Zypressen. Immer wieder komme ich an Sonnenblumenfeldern vorbei, die, wie es scheint, von mal zu mal grösser werden.




Hänge voller Trauben. Die berühmten Moissac Tafeltrauben reifen hier wegen des milden Klimas im nahen Garonnetal optimal (das Rheintal Frankreichs sozusagen).




Wieder nähert man sich auf einem Plateau der Stadt. Dann liegt Moissac vor mir, die Stadt an der Tarn. Dicker Dunst steigt auf, es muss da unten kräftig geschüttet haben. Nach Westen blickend ein ungewöhnlicher Anblick: Flachland! Peter, die nächsten Tage wird es flach, denke ich mir.


In Moissac empfängt mich just an der Kathedrale ein kräftiger Schauer. Ich stelle mir rechtzeitig unter. So kommt's, dass es Acht wird, als ich gen Gite marschiere. Aideen, den 7-monatigen Mathew im Arm, steht an der Tür und ruft über die Strasse hinweg in meine Richtung: "Peter?". Ja, der bin ich. Offensichtlich bin ich angekommen. Schön, das waren mal wieder 45 km. Die Bude ist voll, die anderen Pilger sind gerade beim Essen. Für mich gibt's erst mal ein kühles Bier. Wonderfull. Aideen, I love you! Ihr Mann Ron ist mit dem Auto auf der Suche nach mir unterwegs. Oje, immer diese Spätankommer.
Ich gönne mir ein Einzelzimmer, mache mich frisch, esse zu Abend und unterhalte mich mit den noch anwesenden Pilgern, u.a. einigen Deutschen, die als Gruppe unterwegs waren und heute ihre letzte Etappe gegangen sind und André aus Lousanne, der bis 3.10 in Santiago sein will. Ganz schön ehrgeizig.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,
schwer beeindruckt hat mich neben Deinen fleißigen und informativen regelmäßigen Eintragungen im Blog, dass Deine Steuerbelege trotz Deiner Abwesenheit pünktlich in der Kanzlei angekommen waren ... Gute Wanderungen weiterhin und ganz herzliche Grüße aus der Heimat.

Manfred