Freitag, 22. August 2008

An der 1000-km-Marke vorbei, Von Saint-Julien nach Montfaucon-en-Velay (So 17.8)

Frühstück in der Küche des Gite, die sehr üppig mit Werkzeug und Essbarem ausgestattet ist. Wer selbst kochen mag, kann hier aus dem Vollen schöpfen. U.a. entdecke ich ein verzehrbar aussehendes Müsli. Müsli! Wann hatte ich das zuletzt. Das Frühstück der Franzosen ist doch sehr mager: Baguette, Butter, Marmelade.
Im Zimmer nebenan wird Radio d'ici gemacht.


Ich stelle mein Handy auf Empfang und lausche dem Programm, das nebenan produziert wird. Weltmusik, Brasilien, Senegal und einige französische Lieder, viel Akkordeon dabei. Neben dem üblichen Obulus für die Übernachtung lasse ich ein paar Walnüsse für die nächsten Pilger zurück. - Nächste Station Bourge-Argental. Quirliges Treiben am Sonntag Vormittag. Markt, die Cafes sind gut besucht. Ich nehme mir die Zeit und lasse mich in einem Cafe nieder. Wie schön es ist, in einem gut besuchten Lokal zu sitzen, zu lesen, zu schreiben, sich von den anderen Gästen inspirieren zu lassen.
Dann mache ich mich auf den Weg nach Montfaucon-en-Velay, 33km, 1100 Höhenmeter wollen bewältigt sein. Durch hügelige Landschaft mit steilen Auf- und Abstiegen führt der Jakobsweg bei Le Tracol hinauf auf 1205 m,


dann hinab nach Les Sétoux (hier machen die meisten Pilger Etappe, ich begnüge mich mit einem herrlich kühlenden Fussbad im Dorfbrunnen) und schliesslich nach Montfaucon-en-Velay. Eine Landschaft wie in den Voralpen. Weiden und Wälder, Methanproduzenten in allen Farbkombinationen: schwarz-weiss, braun-weiss, hellbraun, weiss; V.a. gegen Abend betören die Aromen (nein, nicht das Methan), der Duft nach Holz als ich bei einem Kahlschlag vorbeikomme. Wie Mikadostäbchen liegen hunderte gefällte Baumstämme kreuz und quer.


Der Duft nach Wiese. Grillen geben den Takt an.
Vor dem grossen Anstieg bei Le Tracol folgt der Weg einer ehemaligen Bahnlinie. Leider ist die Trasse jetzt asphaltiert.


Heute waren alle Wegbeschaffenheiten im Programm. Am unteren Ende der Skala ist der steinige Weg - sehr unangenehm zu gehen - dann kommt der Asphaltweg - auf Dauer sehr ermüdend - dann der Feld- und Wiesenweg - angenehm und fröhlich stimmend


- dann weicher Waldboden - ein Genuss für Sohlen und Seele -


und am oberen Ende der Skala schliesslich weicher Waldboden mit Nadelteppich.


Das ist Wellness pur, Red-Bull-verleiht-Flügel-Feeling, schöööööön.
Das heutige Wetter passt. Durchwachsen, trocken, um die 18 Grad.
Mit den 41 km von heute habe ich die 1000 km Schwelle überschritten. 1000 km in 38 Tagen. Irre! Muss mir ausnahmsweise mal selbst auf die Schulter klopfen. Was so ein Körper alles zu leisten vermag. Ist es da nicht Verschwendung, ihn 40 Stunden die Woche auf einen Bürosessel und weitere, sagen wir, 10 Stunden in den Autositz zu packen? Die Wahrheit liegt vermutlich irgendwo dazwischen.


Der Pilgeralltag: Aufstehen - Proviant besorgen - Pilgern - Pinkeln - Pausieren - Ankommen - Bett suchen - Waschen (Körper und Klamotten) - Abendessen - Schlafen. Apropos Waschen. Ihr glaubt gar nicht, wie schwarz das Waschwasser der Klamotten nach einer Tagesetappe wird. Schwitzen reinigt den Körper.
Heute beziehe ich Quartier im Hotel "Les Platanes". Ein Glücksfall! Die pilgerfreundliche Chefin gibt mir ein ganzes Appartment ("it's quiet") inkl. Halbpension für 38,- €. Das Abendessen ist fürstlich und gut: Gemüsesuppe - Forelle mit Ratatouille - Käseplatte - Flan. Dazu ein halber Liter Rotwein. Mann geht's mir gut

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Schwarzes (die Betonung liegt auf "schwarz") Waschwasser???
Frage mich, ob da wohl nur der Körper gereinigt wird? :-)
Buen camino
Thea