Donnerstag, 7. August 2008

ZEIT-Fan aus Zürich, Von Wattenwil nach Schwarzenburg (Fr 1.8)

Hi Folks! So, die Schweiz habe ich (fast) im Kasten. Bin heute in Genf eingetroffen. Übermorgen, nach einem Tag Pause, geht's dann weiter nach Frankreisch. War soeben beim Inder essen. Gemüse, gewürzt mit Nelken, Koriander, Garam Masala, etc. dazu Reis-Pullao und Nan-Brot. Ein Traum! Nach drei Tagen Appenzeller-Brötchen-Bananen-Apfel-Schokohörnchen-Kost wirklich ein Traum.

Genf, Melting Pot, laut Wanderführer sind 40% der Einwohner Ausländer. Araber, Afrikaner, Amerikaner, nicht zuletzt PHYSIKER. Kaum zu glauben, knapp 20 Jahre nach Verlassen der Uni habe ich es doch noch geschafft. Ich bin in Genf, wo das CERN, der weltgrösste Teilchenbeschleuniger unterirdisch seine Kreise zieht. Am CERN wurde auch das Internet (bzw. Arpanet) erfunden. Das wiederum hat mehr mit dem zu tun, was mich heute beruflich beschäftigt. Damals, Anfang der 90iger Jahre, wurde das Internet als Austauschmedium für Wissenschaftler erfunden. Irre, was daraus geworden ist. Eine Plattform für Business, Information, Wissen, Sex, Blogs ;-) und vieles mehr. Wahrzeichen der Stadt ist eine Wasserfontäne, der Jet d'Eau, mit 140m die höchste Europas. Die habe ich schon gestern vom 20km entfernten Collet aus gesehen. Das Ankommen in Genf war sehr schön. Im botanischen Garten wandelt man lange entlang des Seeufers, bis man schliesslich in das hektische Treiben der mit "nur" 180.000 Einwohnern zweitgrössten Stadt der Schweiz, eintaucht. - Ich habe einige Tage aufzuholen. Geschwind zurück zum Nationalfeiertag am 1.8, dem verangenen Freitag.

Das Frühstück nehme ich auf meiner Swimmingpoolterasse ein. Frau Messerli leistet mir Gesellschaft, hat soger ein frisches Nationalfeiertagsbrödchen mit Fähnchen drauf mitgebracht. Dieses und ein weiteres Fähnchen stecke ich mir in die Isomatte. Mein Beitrag zum Nationalfeiertag. Keine Panik, sind etwa nur so gross wie eine Briefmarke.


Ich denke, meine Zimmerwirtin geniesst die Gespräche mit den Pilgern, die alle so ihre Geschichte mitbringen. Wiederholt berichtet sie von USA-Reisen, die sie und ihr Mann v.a. in den Westen unternommen hatten. Die USA haben es den beiden angetan. Kein Wunder, haben doch zwei ihrer Söhne dort eine Zeit gelebt. Amerikaner waren auch ihre ersten Gäste. Das begann in einer Zeit, als es in Wattenwil noch keinen Gasthof gab und nach einem Bett suchende Amerikaner bei ihr gestrandet waren.
Zum Abschied begebe ich mich hoch in den ersten Stock des Hauses. Auf dem Balkon wollen wir ein Abschiedsfoto schiessen. Gruppenbild mit Pilger sozusagen. Zuvor muss des Feiertags wegen die Schweizer Fahne so drapiert werden, dass sie mit aufs Bild kommt. Das ist den beiden wichtig. Wie anders doch wir unseren Nationalfeiertag feiern - nämlich gar nicht. Hauptsach frei und auschlafen, gelle?




Ach ja, eines fällt mir noch ein. Erstausgaben, Lithographien, Bilder, darunter auch wertvolles, haben sich bei den Messerlis angesammelt und sollen jetzt abegeben werden. Ein Thema, das wir gestern Abend angeschnitten haben. Allein, wie verkaufen und was ist ein fairer Preis? Tja, das Problem haben einige. Ich denke mir, besser nicht zu viel anhäufen, nicht an den Sachen kleben. In dieser Hinsicht ist mir der "American way of life" sympatisch: move and leave things behind, oder so.

Mit den Seen ist erst mal vorbei - leider. Heute geht es bei dichter Bewölkung über sanfte Hügel hinweg. In dem kleinen Ort Riggisberg wollen mir zwei Verkäuferinnen im Einheitslook Kracher und Raketen verkaufen (für das Feuerwerk am Abend). Ich lehne dankend ab und lichte die beiden Damen statt dessen ab (wozu ich sie wie Ihr Euch denken könnt allerdings erst überreden muss).



Weiter geht's über Ruegisberg (hier schöne Burgruine mit Jakobspilgermuseum) schliesslich nach Schwarzenburg. Kurz vor dem Ort - mittlerweile ist es richtig dunkel geworden und die ersten Tropfen benetzen bereits meine Stirn - treffe ich zwei Hunde-Gassi-führende Damen aus Hannover, wie sich in der anschliessenden Unterhaltung herausstellt. Sie hüten hier das Haus von Freunden, während die wiederum an der Nordsee Urlaub machen. Einer der beiden Hunde, ein winziger Jagdhund, springt im Spiel mit dem Stock etwa einen Meter hoch. Diesen akrobatischen Akt muss ich selbstredend fotographisch festhalten - und schon kommen wir ins Gespräch.


Als es dann richtig zu schütten beginnt sind die Mädels weg und der Pilger allein in seinem Kapuze-Über-Den-Kopf-ziehen Elend. Nein, nein - ich übertreibe. Im Gegenteil, frohgemut setze ich flotten Schrittes meinen Weg in den Ort fort.
In Schwarzenburg beziehe ich ein sehr hübsches B&B Zimmer bei Frau Nydeggen. Das ist schön. Weniger schön: im Ort gibbet es kein Internet und die Telefonnummer, die mir die Frau in Riggisburg gegeben hatte, führt leider nach /dev/null. Sie stand mit bei den Kracherdamen und bot an, bei ihr zu surfen, für den Fall, dass sich keine Alternative auftun sollte.
Lichtblick, Mark aus Zürich ist auch bei Frau Nydeggen abgestiegen. Mark ist in Zürich "eingestiegen" und ebenfalls bis nach Santiago unterwegs, allerdings flotter als ich. Er wird, wenn es sich ergibt, auch Bus fahren. Wir essen gemeinsam im Gasthof Sonne Rösti zu Abend und tauschen uns aus. Er ist ebenfalls ITler und outet sich im laufe des Abends als ZEIT-Fan, was mich bei ihm, dem Schweizer, schon ein wenig überrascht. Interessanter weise ist er über das Online-Angebot der ZEIT zur Printausgabe gekommen. - Eigentlich will ich nach dem Essen noch ein wenig in die Nationalfeiertags-Bierzelt-Atmosphäre abtauchen. Durch den Regen ist es allerdings kühl geworden und ich bin müde. So bleibt es bei einem kurzen Rundgang durch das Festgeschehen.


Eine Prise Abba, ein kurzer Plausch mit Bernhard, der auch in Schwarzenburg Station macht - und dann gehts in die Heia.

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