Montag, 18. August 2008

Eigwaacht, Von Yenne nach St. Maurice-de-Rotherens (Di 12.8)

Guten Morgen Ihr Lieben, es ist immer wieder schön auch von Euch zu lesen.
Mann geht's mir heute Morgen gut! Strahlender Sonnenschein, hab' hier in Montfaucon-en-Velay in einem süssen Hotel, das von zwei netten Mädels geschmissen wird, übernachtet. Das Abendessen war grandios. Und - Le Puy ist nicht mehr weit und übt einen starken Sog auf mich aus. Meine Etappen werden zunehmend länger. Le Puy, dort geht der Camino erst richtig los! Einziger Wermutstropfen. Wie ich soeben von Albert erfahren habe, ist Frankreich in dieser Region am rechtesten.
By the way, THEA, Du hattest mir eine Unterkunft in Le Puy empfohlen, an die ich jetzt leider nicht ran komme. Kannst Du die Adresse hier posten? Thanks. Ach ja, eines noch, bevor ich mich wieder der Chronologie widme: von den Olympics bekomme ich natürlich nichts mit und sie interessieren mich auch nicht die Bohne. Damit Ihr Euch ein Bild machen könnt. Ich sitze in der Touristeninformation hinter dem Tresen an einem Laptop. Neben mir die Mitarbeiterin, ebenfalls am PC, bisweilen Telefonate mit Kunden führend. Lustig. Jetzt aber zurück zum Dienstag.

Den heutigen, sehr regnerischen Tag beginne ich mit einem ZEIT-Artikel (gell da staunste Marc) über das jüngste Werk von John M. Coetzee: "Tagebuch eines schlimmen Jahres." Werd' ich bei Gelegenheit mal lesen. In der Rezension kommt eine Aussage vor, die lohnt, erinnert zu werden: "Wenn es ums verwirrende Geschäft des Lebens geht, sind wir alle Dilettanten." Na das ist doch schön.
Heute ist Schluss mit dem Schönwetterpilgern. Alles was ich bisher an Feuchte erlebt habe ist nichts, verglichen mit dem von heute.


In knapp 5 Stunden bewältige ich bei strömendem Regen den Pass am Mont Tournier. Glitschige Wege, schmale Bergpfade, die zu Sturzbächen mutieren, Pfützen, nein Teiche, die den Weg versperren.


Nässe, die allmählich in alle Ritzen meiner Kleidung, meines Körpers dringt. Selbst in meine Schuhe ist das Wasser eingedrungen - vermutlich von oben, weil ich eine kurze Hose trage. Obwohl hellichter Tag, herrscht in den dicht bewachsenen Hohlwegen Dämmerung. Pilgern from its best. Trotzdem fühle ich mich ganz gut, immerhin sind die Wege besonders weich. Zugegeben, in einigen Momenten denke ich mir schon, Zugticket kaufen und zurück nach Hause. Doch diese Gedanken ziehen so schnell weiter, so schnell sie gekommen sind.
Den ein oder anderen Abstecher zu einem "belvedere" nehme ich mit. Unten im Dunst sehe ich wie die Rhone die Flussrichtung von Südwest nach Nordwest dreht. Schön und gespenstisch.


Meine Stimmung ist nicht zuletzt deshalb gut, weil ich weiss, dass mich in St. Maurice ein Gite d'etappe erwartet: Tee, heisse Dusche, trockene Klamotten, warmes Abendessen.


Und so kommt es auch. Zwar gibt sich der Hüttenwirt Luis Revel anfangs etwas ruppig (Warum haben sie nicht angerufen?), doch je später der Abend, desto lockerer wird der Mann, der wegen einer Hüftoperation zur Zeit an Krücken läuft.
Luis hat ein festes Schema im Kopf. Nach der Ankunft wird zunächst die nasse Aussenbekleidung aufgehängt, dann wird getrunken. Keine Widerrede! Erst nach dem Trinken werden die Betten bezogen, wird geduscht etc. Selbst einem Sterbenden würde er sagen: erst wird Tee getrunken, dann gestorben;
Ich kann aus einem von 7 Betten frei auswählen. Nehme das einzige Nicht-Stockbett, obwohl sich darin Charlotte, ein Miezekätzchen, eingerollt hat.


Wir beide werden schon klar kommen. Und so kommt es auch. Während ich Tagebuch schreibe, macht sie es sich in meinem Schoss bequem. Draussen schüttet es weiter, bis spät in die Nacht. Es ist ein verdammt wohliges Gefühl hier drinnen, unter der warmen Decke, im Trockenen zu sitzen.
Die Pilgerbesetzung der Hütte ist identisch mit der des Hotels von gestern: Ralf und Wille, Christine und Lisa; Zusammen geniessen wir das üppige Abendessen, selbstredend wieder ein 4-Gänge Menü (Suppe, Käsenudeln, Käseplatte und Dessert), dazu drei Flaschen Tafelwein (Rose und Rot). Wir Pilger sitzen bis etwa 10 zusammen. Als ich ein Gruppenbild von uns machen will, streikt meine Kamera. Ich werde nervös, Kamera kaputt würde mir gar nicht in den Kram passen. Allein, weibliche Intuition kommt mir zu Hilfe. Christine gibt mir den Rat, einfach den nächsten Morgen abzuwarten, dann würde mein Spielzeug wieder funktionieren. Sie sollte Recht behalten :-)))
Während wir unsere Pilgererlebnisse austauschen wird zu Tage gefördert, dass Manuel, jener nette, tunnelbauende Portugiese, der letzten Samstag mit uns (Rostock, Hennef und Peter) wiedersehen gefeiert hat, im Gite von Beumont übernachtet und dort letzten Donnerstag mit Christine und Lisa und letzten Freitag mit Willi und Ralf zusammengesessen war. So klein ist die Welt.
Von Schwaben kann man sparen lernen. Willi und Ralf sind häufiger gemeinsam in der Schweiz unterwegs, mal mit Willis Auto, mal mit Ralfs. Nur die Plakette ist immer die gleiche! Auf eine Folie geklebt und dann mit Labello an die Windschutzscheibe. Voila! - Als wir es später vom Marathonlaufen haben, ziehen sich die Damen in die Koje zurück. Die beiden 70iger sind in der Tat bis vor einem Jahr Marathon gelaufen - jetzt pilgern sie ;-)

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,
ich muss Dich leider enttäuschen: es war nicht Le Puy sondern St.-Jean-Pied-de-Port, dort gibt es eine wunderbare Herberge mit dem Namen "L'esprit du chemin" email: hubertarno@espritduchemin.org oder Tel 0033 (0) 559372468 Huberta und Arno sind wunderbare Herbergseltern und es ist ein wunderbarer Ort (zumindest für mich) gewesen - und ich habe ja doch einige/viele Herbergen kennengelernt...
Drücke Dir trotzdem die Daumen, dass Du auch in Le Puy eine wunderbare Unterkunft finden wirst.
Bun camino!
Thea
Und heute hat ein deutscher Sportler im Triathlon Gold gewonnen.. auch wenns Dich nicht interessiert.. :-)