Vorbei an den kostbaren Chronometern von Hublet, Bulgari, Breitling, Le Cartier und - natürlich - Rolex frage ich mich zum Pfarramt von Notre Dame durch.
Der Weg lohnt sich (natürlich lohnt sich der Weg!) - ich bekomme einen Stempel in meinen Pilgerpass und einen Kaffee von der netten Mitarbeiterin, einer Portugiesin. Sie auf Portugiesisch, ich auf Spanisch - so kommt eine passable Unterhaltung zustande.
Am Hotel de Ville (Rathaus) begegnet mir das Pärchen aus Navarra, das gestern Abend in der Pizzeria neben mir sass (hab' ich von denen eigentlich schon erzählt?).
Sie schicken mir ein "Cuidate!" mit auf den Weg. Die beiden erzählten gestern u.a., dass der deutsche Pavillon auf der Expo in Zaragossa zu den begehrtesten gehört. Sollte ich den Umweg einlegen? Sozusagen mein Umweg nach Santiago (Cees wird mir verzeihen).
Hinter Genf geht's durch den Vorort La Carouge, und hier passiert's: bin praktisch schon vorbei, an dem pittoresken Wochenmarkt (es ist Samstag), da überlege ich es mir noch mal. Einfach nur mal durchschlendern und die Atmosphähre inhallieren. Gleich am Anfang fängt mich eine Frau ab, die mir einen Schlafsack verkaufen will. Lustig. Bevor sie richtig loslegen kann, höre ich schon ein "Peter, Peter!" - Gabi und Gerlind aus Rostock stürmen auf mich zu. Überschwengliche Begrüssung! Die beiden freuen sich ebenso wie ich mich über das Wiedersehen freue - zu abrupt war die Trenung damals vor dem Brünigpass gewesen. Die beiden Mädels haben mittlerweile Nachwuchs bekommen. Cordula aus Hennef bei Köln ist bei Mamishütte dazugestossen.
Natürlich wandern wir zu viert weiter, natürlich wird so viel gequatscht, dass sich kaum einer mehr um die Markierung kümmert. Bis zur Grenze geht es gut, doch kaum ist die überschritten kommen wir auch schon vom Kurs ab. Dank Gerlind, die von dort, wo wir zweifelnd erst mal einen Halt einlegen um die Lage zu checken und zu beraten, einfach in den 500 m entfernten Ort weiterstiefelt und fragt, wie der Weg nach Neydens sei, sind wir bald wieder auf Kurs. Gabi nennt das "Gerlinds Duracell Männchen Eigenschaft" - nimmermüde einfach weiterlaufen. Auch heute werde ich mich wieder köstlich über Gabis Wortschöpfungen und Phrasen amüsieren. In einer ihrer Erzählungen kommt ein Typ vor, der eine Brille wie Mitropa Aschenbecher trägt. Köstlich!
Wie so oft hat das vermeintlich Schlechte auch was Gutes, so auch unsere Ehrenrunde. Wir geraten in eine Familienfeier und werden zu Kaffee und Kuchen eingeladen.
Dies also, nach dem, Verlaufen, unsere zweite Erfahrung in Frankreich. Eltern, Onkels, Schwager, Tochter, Cousins, ... sitzen zusammen und wir vier mitten drin. Die Kids freuen sich ihr Englisch praktizieren zu können, Papa, Hausherr (und Big Boss der Gesellschaft) natürlich auch, und wir über den leckeren Himbeer- und Apfelkuchen. Und zum Abschied begleitet uns eine Begleiteskorte bis genau an die Stelle, an der wir vor gut einer Stunde falsch gelaufen sind. Rostock und Hennef stimmen ein Liedchen an. Winke, Winke ...
In Le Chable haben meine Begleiterinnen ihr Etappenziel erreicht. Obwohl abseits vom Jakobsweg gelegen, gehe ich mit hinunter in den Ort. Einerseits um Proviant einzukaufen, andererseits um Abschied zu feiern. Das Einkaufen tun wir denn auch zu allererst und dann geht's sogleich zur Dorfkneipe, wo wir endlich das versprochene gemeinsame Bier trinken. Die erste Runde schmeisst Gabi, die zweite ich (dem an unserem Tisch sitzenden Manuel stelle ich auch ein frisches Bier hin) und die dritte dann Manuel. Danach schaltet sich der Nachbartisch ein und ich verliere den Überblick.
Gabi läuft zu Hochform auf: entreisst Manuel (ein schreinernder Portugiese, der in der Nähe einen Tunnel baut) ein graues Haar, als Beweis, dass er in unserer Altersliga spielt, und macht aus dem tief im Stuhl liegenden Michele einen Pilger: der bekommt Rucksack auf den Rücken, Schlapphut aufgesetzt e "Marche!" - ein Spass kann ich Euch sagen. Gegen halb Neun schmeisst uns die Wirtin raus. Im Nu sind die Herren vom Nachbartisch in ihren Autos verschwunden. Ich drücke die Mädels zum Abschied. Während die drei im Haus einer Freundin von Gerlind absteigen (und einen Tag Pause einlegen), ziehe ich weiter. Pause hatte ich ja schon in Genf.
Ich laufe den Anstieg zurück nach Beaumont bzw. Jussy hoch und richte mich in einer direkt am Weg liegenden und sehr einladenden Scheune für die Nacht ein. Vom See schallen die Böller des Abschlussfeuerwerks vom Genf-Festival hoch. Meine letzte Wahrnehmung, dann schlafe ich ein.
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1 Kommentar:
Lieber Peter, am 14.08. haben wir in Yenne den Jakobsweg verlassen. Mit grosser Freude konnten wir in Jongieur in der Kirche deinen Eintrag vom 11.08. lesen. Das war eine Ueberraschung, auf unserer letzten Etappe noch ein Zeichen von dir vorzufinden, denn zwischenzeitlich erzaehlten wir auch anderen Pilgern von dir und unseren gemeinsamen lustigen Erlebnissen. Gern haben wir deine lebendigen Berichte gelesen und oft laut aufgelacht. Bleibt uns, dir zu wuenschen, dass du gesund und frohen Mutes dein Ziel erreichst.
P.S. Wir werden deinen Weg auch zu Hause verfolgen. Herzlichste Gruesse von G&G plus Cordula an dich.
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