Sonntag, 24. August 2008

Le Tam Tam, Von Le Puy nach Saint-Privat-d'Allier (Mi, 20.8)

Um sechs reisst mich der Wecker jäh aus meinen Träumen. Eine dreiviertel Stunde später sitze ich bereits in der Kathedrale, die nur 5 Gehminuten vom Grand-Seminaire entfernt liegt. Bis zum Beginn der Pilgermesse bleibt noch ein wenig Zeit und so sehe ich mich in der Kirche um, insbesondere würdige ich die Schwarze Madonna im Hochalter in aller Ruhe. Allzu viele Pilger haben sich zu diesem Zeitpunkt noch nicht eingefunden. Den Mittelgang des Hauptschiffes entlang schlendere ich in den rückwärtigen Teil der Kirche, wo ein golden glänzendes, martialisches Kunstwerk meine Aufmerksamkeit auf sich gezogen hat. Jetzt erst fällt mir auf, dass ich den Mittelgang lang laufen konnte. Wie? Gestern kam da doch eine Treppe hoch?


Erst als ich mir die Sache genauer ansehe, fällt auf, dass über Nacht die Luke geschlossen wurde. Massige Eisengitter verdecken das Aufstiegsloch.
Pünktlich um sieben beginnt die Messe. Nun ist die Kirche gut gefüllt. Wow, einsam wird's auf dem Camino nicht mehr.
Inhaltlich bekomme ich von der Predigt mangels Sprachkenntnisse nicht allzuviel mit. Nur so viel, dass der seine Worte mit weit ausholenden, ja theatralischen Gesten, unterstreichende Priester immer wieder vom heiligen Bernhard spricht. Was hatte es mit dem nochmal auf sich? Ihr Bernhards da draussen, Aufklärung tut Not ;-)
Wie bereits berichtet, versammeln die beiden Priester - ein Pater aus dem Senegal unterstützt die Zeremonie - die Pilger im Anschluss an den Gottesdienst vor der Jakobsfigur am Rande des Altars.


Ein Ritual, das mir sehr gut gefällt. Woher? Wohin? Liedchen. Anschliessend geht's in die Sakristei, wo die Neulinge einen Pilgerausweis (inkl. "tampon", versteht sich) erhalten. So komme ich zu meinenm dritten "Credential". Das erste ist bereits vollgestempelt, das zweite habe ich mir für Spanien aufgehoben und das dritte wird meinen Weg auf der Via Podiensis dokumentieren.
Eine Nonne hält eine kleine Einführung für die Neulinge. Sie beginnt mit den bedeutungsschwangeren Worten: "Bedenkt, ihr seid keine Turisten, ihr seid keine Wanderer, ihr seid Pilger!"
Frühstück im Speisesaal des Grand Seminaire. Auch hier begegnet mir die französische Eigenart, keine Frühstücksteller zu verwenden. Entweder man bröselt auf den Tisch, oder man tunkt das Baguette in den Kaffee. Hm. Apropos Baguette, in den Bäckereien dieser Region bekommt man durchaus auch dunkles Brot, teilweise sogar mit einer richtig knackigen Kruste. Dreimal dürft Ihr Raten, was der nach Sauerteig durstende Franke für seinen Proviantbeutel kauft? Bereits im Begriff zu gehen, spricht mich Josef aus Weiden an. Er habe vorhin in der Kathedrale mitbekommen, dass ich aus Nürnberg sei und mich deshalb angesprochen. Josef und seine Frau Irmgard sind das Stück von Genf nach Le Puy gepilgert. Heute reisen sie zurück nach Hause (Hallo Ihr beiden, ich hoffe, Ihr seid wohlbehalten zuhause angekommen. Grüsse aus Saint-Chely d'Aubrac!)
Vormittags ziehe ich dann noch ein kleines turistisches Programm durch, u.a. steige ich zur Marienstatue "Notre Dame" hinauf, um mir die Stadt von oben bei Sonnenschein anzusehen.


Im Cafe "Le Tam Tam" (da musste ich natürlich mal rein) nehme ich den obligatorischen cafe au lait und blogge ein wenig. Besitzer und Frau überwintern im Senegal, daher der Name des Cafes.


Kurz vor Zwei mache ich mich auf den Weg. Flotten Schrittes ziehe ich die Strecke (24 km) nach Saint-Privat-d'Allier durch, wo ich kurz vor Acht ankomme. Impressionen von unterwegs.










Über die sehr hilfsbereite Dame in der Turisteninformation von Le Puy habe ich im Accueil von Marie und Jean-Marc meine Ankunft ankündigen lassen. Somit ist mir ein Bett sicher. Am Ortseingang gleich am ersten Haus komme ich an einer kleinen Gesellschaft vorbei. Eine nette Runde (auf der im Hof aufgestellten Tafel stehen einige Fläschchen Wein - hinsetzen und mitfeiern, das wärs, denke ich mir), die mir hilbsbereit erklärt, wo ich das Haus von Marie finde.
Im Haus meiner heutigen Gastgeber ist das zweite Obergeschoss für Pilger vorgesehen, heute allerdings schon voll. Ich bekomme einen Stock tiefer ein ganzes Zimmer für mich allein. Manchmal ist es von Vorteil, zu spät zu kommen. Abendessen ist für mich allerdings nicht mehr. Statt dessen speise ich im Hotel um die Ecke, ein 4-Gänge Menü. Auf die Gefahr hin zu langweilen: sehr lecker! Hauptgang: Lachs auf Sauerkraut, eine interessante Kombination. Die Riesenportion Sauerkraut hat selbst mein Pilgerhunger nicht verdrücken können. Wie so oft, bin ich der letzte Gast, der das Lokal verlässt. Nach mir schliesst die Wirtin ab. Bon nuit!
Reprise
Ich frage mich, wie man das als Familie so aushält. Tag ein, Tag aus die Bude zwar mit Pilgern, aber doch immer wieder fremden Menschen, voll zu haben, mit ihnen auf sehr engem Raum zu leben, zumindest zwischen sagen wir 16:00 Uhr nachmittags und 9:00 Uhr morgens. Immerhin haben die beiden auch zwei kleine Kinder. Das Privatleben wird (zumindest in der Pilgersaison), wie es scheint, in das Zeitfenster dazwischen geklemmt.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter,

diese Etappe hast du also auch geschafft! Ich lese (neidvoll :-) ) mit, es macht Freude deinen Weg zu verfolgen.
Zum Thema "Bernhard", vielleicht hatte es was mit dem Namenstag des hl. Bernhard am 20. August zu tun, mehr fällt mir nicht dazu ein.

Weiterhin schöne Wege und nette Menschen wünscht
Dorothea

Anonym hat gesagt…

Hallo Peter, ich werde mich bemühen, Deine Frage zu beantworten:
Wahrscheinlich ging es in der Predigt um meinen Namenspatron, den Hl. Bernhard von Clairvaux. Der verstarb nämlich am 20. August 1153. Somit war dies der 855. Jahrestag seines Ablebens.
Ob Bernhard wirklich so heilig war, wie er tituliert wird, darüber scheiden sich die Geister. Es gibt Leute, die bezichtigen ihn als Hardliner und Kriegstreiber.
Weitere Infos zu seinem Leben und Wirken findest du in der Wikipedia.
Besonders bemerkenswert finde ich da, dass er u.a. der Patron der Barkeeper ist.

Na denn, Prost!